Deutsche Banken im Abseits I: Den Wandel verschlafen

Im internationalen Vergleich liegen deutsche Banken auf den hinteren Plätzen und das nicht erst seit gestern – warum?

Erst kürzlich titelte das Manager Magazin, dass das private Geldvermögen der Deutschen so hoch ist wie nie. Sie verfügen über ein Gesamtvermögen von rund 6.100 Milliarden Euro. Einen Großteil davon horten sie als Sichteinlage, also auf Giro- oder Tagesgeldkonten, und das trotz des anhaltend niedrigen Zinsniveaus.

Dennoch leiden die deutschen Banken und hinken im internationalen Vergleich hinterher – noch immer. Diesen Umstand zeigte das Handelsblatt bereits 2007 auf. Die Unternehmensberatung Bain & Company untersuchte 2016 die Abschlüsse tausender Banken der sechs großen Volkswirtschaften in den führenden Währungsräumen: Demnach verdienten deutsche Banken in den letzten zehn Jahren am wenigsten und auch die Bilanzsumme ist im Vergleich langsamer gewachsen. Die Eigenkapitalrendite lag 2015 gerade einmal bei zwei Prozent, in Großbritannien bei drei Prozent, in Japan bei vier Prozent, in China und Frankreich bei fünf Prozent und in den USA sogar bei neun Prozent.

Blogserie: Deutsche Banken im Abseits

5 Gründe, eine Krise

Selbst einer der größten Player – der 2007 noch in einer ganz eigenen Liga spielte – steht heute unter enormen Druck: Der Aktienkurs der Deutschen Bank ist auf Talfahrt und in Frankfurt spricht man bereits von einer „Verzwergung“. So tauschte das Institut ganz aktuell auch seinen Chef aus: Nach drei Verlustjahren in Folge, löste Christian Sewing mit sofortiger Wirkung John Cryan ab. Aber woran genau kranken die deutschen Banken?

1. Abhängigkeit vom Zinsgeschäft

Der Anteil des Zinsüberschusses an den Einnahmen ist in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern verhältnismäßig hoch (73 Prozent). Das liegt u.a. daran, dass sich deutsche Unternehmen traditionell eher über Bankkredite als über den Kapitalmarkt finanzieren. In einer Niedrigzinsphase – wie sie in Deutschland seit einigen Jahren anhält – kommt es folglich zu Einbußen.

2. Nachhaltig hohe Kostenbasis

Die Cost-Income-Ratio lag zwischen 2012 und 2015 im Durchschnitt bei 69 Prozent und damit ca. sieben Prozentpunkte über dem Niveau in den USA. Einen Großteil der Kosten umfassen die Gehälter. Deutsche Banken zahlen ihren Top-Mitarbeitern sechs- bis siebenstellige Summen, und das teilweise bei andauernden roten Zahlen. Weitere Kostenparameter resultieren aus den scharfen Vorgaben der Regulierungsbehörden, enormen IT-Aufwendungen für Change-the-bank und Run-the-bank aufgrund veralteter und heterogener Systemlandschaften sowie hohen Aufwendungen für die Bankenabgabe.

3. Fragmentierte Bankenlandschaft

Aus der charakteristischen Drei-Säulen-Struktur (Kreditbanken, öffentlich-rechtliche Banken, genossenschaftliche Banken), die in Deutschland herrscht, resultiert ein zersplitterter Bankenmarkt, der den Wettbewerb um die günstigsten Kosten schürt und die Profitabilität drückt. Deutschland ist – wie man so schön sagt – „overbanked“. So lag die Anzahl der Institute 2016 bei 1.888 – und damit zehn Mal so hoch wie in Japan bzw. vier Mal so hoch wie in Frankreich. Ähnliches gilt mit Blick auf die Filialdichte. Zwar wurden in den vergangenen zehn Jahren 21 Prozent der Bankfilialen abgebaut, doch verglichen mit anderen Ländern ist immer noch viel Luft nach oben. Internationale Banken haben durch nachhaltige Konsolidierungen wesentlich höhere Skaleneffekte erreicht und damit ihre Renditen gestärkt.

4. Starker Regulierungsdruck

Die Regulierung hat deutsche Banken fest im Griff. Die meisten Institute halten strengere Regeln grundsätzlich für richtig, der Umsetzungsdruck, der auf ihnen lastet, ist allerdings extrem hoch. Insbesondere für kleinere Institute sind die hohen Regulierungskosten eine schwere Belastung („too small to comply“). Regulierungsvorgaben verlangen viel Zeit und Ressourcen – da kommen neue Geschäftsmodelle oft zu kurz. Eine Privatbank erwähnte mir gegenüber in einem Gespräch, dass ihr IT-Budget im Wertpapierbereich zu nahezu 100 Prozent für Regulierungsanforderungen aufgefressen wird.

5. Wachsende Konkurrenz

Nicht nur die oben beschriebene fragmentierte Bankenlandschaft, sondern auch ausländische Institute, die ihre Produkte am deutschen Markt platzieren, erhöhen den Wettbewerbsdruck. Dazu kommt, dass immer mehr FinTechs in den Markt drängen und noch schwerwiegender: branchenfremde, technologiegetriebene Akteure mit einer großen Marktmacht und Kapitaldecke. Stichworte sind hier GAFA (Google, Apple, Facebook und Amazon) und seit Neuestem auch BAT (Baidu, Alibaba und Tencent). Sie verfügen zu Teilen bereits über eine europäische Banklizenz. Sollten sie auch eine deutsche Banklizenz erhalten, würde dies eine ernste Gefahr für die deutschen Banken darstellen. Dies hängt aber auch ein Stück weit davon ab, wie erfolgreich unsere Bundesregierung mit der geplanten Regulierung der großen Technologiekonzerne ist.

Der Handlungsdruck steigt

In der Konsequenz steigt der Druck auf den Finanzplatz Deutschland – für große Übernahmen oder wichtige Auslandsgeschäfte müssen Unternehmen im Zweifelsfall zunehmend auf ausländische Banken zurückgreifen. Blickt man auf die oben genannten Gründe für die angespannte Situation, wird schnell deutlich, dass die Banken zum einen viele der Punkte selbst in der Hand haben und zum anderen auch internationale Institute vor vergleichbaren Herausforderungen stehen. In meinem nächsten Blogbeitrag werde ich mich deshalb mit den Hebeln für die Aufholjagd beschäftigen.


Bildquelle: Shutterstock

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