Kurz vor der „FinTech-Sommerpause“ im August kam noch einmal Bewegung in die Branche – täglich erreichten die Öffentlichkeit neue Meldungen: Das Spektrum reichte von Marketingkooperationen über die Gründung gemeinsamer Gesellschaften und technische Zusammenarbeiten bis hin zu Übernahmen. Nachfolgend ein kleiner Überblick über die spannendsten Entwicklungen:
1. Konkurrenzkampf im Payment
Das Bundeskartellamt entschied vor einigen Wochen: Banken dürfen ihren Kunden die Nutzung von Direktüberweisungsverfahren nicht verbieten. Vor allem für die SOFORT GmbH ein wichtiges Urteil. Sie wirbt bei den Banken um eine Zusammenarbeit – mit dem Argument, sie könnten so den Anschluss im Payment leichter schaffen. Die deutsche Kreditwirtschaft reagiert ablehnend: Die Verbände von Sparkassen (DSGV), Privatbanken (BdB) und Volksbanken (BVR) kündigten umgehend an, gegen die Entscheidung Rechtsmittel einzulegen. Zumal gerade die an paydirekt beteiligten Finanzinstitute wenig Interesse daran haben dürften, einen alternativen Anbieter zu pushen. Laut eigenen Aussagen ist die SOFORT GmbH dennoch auf erfolgreichem Wachstumskurs: Weltweit setzen aktuell 36.000 Händler SOFORT Überweisung ein, täglich kommen 50 neue dazu. Wie es beim Thema Payment weitergeht, bleibt offen: Letztendlich entscheidet am Ende der Kunde wer das Rennen macht – und ob man überhaupt eine Chance gegen den Platzhirsch PayPal hat.
2. FinTechs als attraktive Zielgruppe
Sutor, solarisBank, Fidor oder Wirecard – immer mehr Banken treten als Partner mit Banklizenz für FinTechs auf. Dass dieses Angebot interessant ist, zeigt auch ein kürzlich im IT-Finanzmagazin veröffentlichtes Interview mit dem CEO des in Gründung befindlichen FinTechs Penta. Luka Ivicev führt hier aus, dass man mit dem Ziel antritt, den „Legacy-Banken“ die KMUs abzunehmen, Banken, wie solarisBank aber durchaus als potenzielle Partner sieht. Eine eigene Banklizenz wird nämlich nicht angestrebt. Nachdem Penta in der Vergangenheit auch schon mit Fidor in Verbindung gebracht wurde, bleibt es spannend, auf welchen Dienstleister die Wahl fällt.
Mit der FinTech Group positioniert sich aktuell übrigens noch ein weiterer Player mit Banklizenz offensiver am Markt: Man hat verkündet, gemeinsam mit Rocket Internet eine strategische Technologiepartnerschaft für den europäischen Markt zu entwickeln – zu den Details ist bisher nur wenig bekannt. Klar ist, dass die FinTech Group die technische Infrastruktur und die Banklizenz (über die Tochter biw AG) einbringt, Rocket Internet seine Erfahrungen beim Aufbau digitaler Geschäftsmodelle. Bisher war Rocket Internet im FinTech-Umfeld vor allem als Inkubator aktiv und musste diverse Rückschläge verkraften: Paymill meldete Insolvenz an, Zencap ging an Funding Circle und Payleven und SumUp fusionierten. Nun also ein neuer Anlauf. Aufgrund der Größe der beiden beteiligten Unternehmen könnte die Rechnung aufgehen – die Zeit wird es zeigen.
3. Neue Zusammenarbeiten
Eine konkrete Zusammenarbeit haben u.a. Wirecard und die „Sparschwein-App“ Savedroid verkündet. Mit der App können Nutzer während ihrer Alltagsaktivitäten automatisch Geld zur Seite legen – Basis ist eine „Wenn-dann-Logik“: Zum Beispiel könnte für jedes Mal, wenn der User Whats App öffnet, automatisch ein Euro auf das Sparkonto wandern. Hierzu hat Wirecard eine virtuelle MasterCard in der App implementiert, die über ein E-Geld-Konto Zahlungsvorgänge abwickelt. Eine interessante Idee, mit der Kundenkreise erschlossen werden könnten, die etablierte Player kaum im Blick haben.
4. Groß frisst klein
Ende Juli überraschte die Fidor Bank mit einem Verkauf an die französische BPCE-Gruppe: Die Großbank will ihr Digitalgeschäft ausbauen und dies gemeinsam mit der Fidor Bank beschleunigen. Die Münchner wiederum erhoffen sich durch den Deal die Finanzkraft, um außerhalb des deutschen Kernmarktes auf Wachstumskurs zu gehen. Hier wird zur Realität, was viele bereits vermutet haben: Die Großbanken gehen auf Einkaufstour und (etablierte) FinTechs sind ein gefragtes Objekt der Begierde. Auch wenn sich im konkreten Beispiel die Fidor Bank weniger als FinTech und vielmehr als BankTech verortet.
Das Karussell dreht sich weiter
Eines zeigt die Gesamtentwicklung: Sowohl auf Banken- als auch auf FinTech-Seite werden im Partnering große Chancen gesehen. Kein Wunder, können von den potenziellen Mehrwerten doch gleich mehrere Seiten profitieren:
- Etablierte Banken von schnellen (externen) Innovationen und attraktiven Geschäftsmodellen für ihre Kunden,
- Spezialbanken und kleine Institute als FinTech-Dienstleister von neuen Ertragsquellen und einem Know-how-Transfer,
- FinTechs von einer kurzen Time-to-Market und
- Kunden von innovativen Services.
Ich bin gespannt, was der September bringt – denn eines ist sicher: Nach der kurzen Sommerpause wird das Karussell wieder Fahrt aufnehmen.
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