Banken im Gebührenrausch: Kunden antworten mit Wechsel

Bankgebühren und Strafzinsen – die Geschäftsmodelle der Banken lassen Kunden nicht mehr kalt: Das Wechselkarussell nimmt Fahrt auf.

Wenn es um die Einführung von Gebühren geht, zeigen sich Banken durchaus kreativ: Gebühren für das Geldabheben, die Nutzung der SB-Geräte oder gar für jeden Klick im Online-Banking, Einführung oder Erhöhung von Kontoführungsgebühren. Jetzt setzen erste Banken auch im Retail Banking auf die Einführung von Strafzinsen für Guthaben ihrer Privatkunden. Ab einem Guthaben von 10.000 Euro will beispielsweise die Volksbank Reutlingen 0,5 Prozent Zinsen p.a. von ihren Kunden verlangen können. Auf die scheinbar grenzenlose Loyalität der Bankkunden ist aber zusehends weniger Verlass – immer mehr Kunden kehren der angestammten Hauptbankverbindung den Rücken und wechseln zu kostengünstigen Direktbanken.

Wechseltätigkeit innerhalb eines Jahres verdoppelt

Obwohl noch immer die Mehrheit der Deutschen (57 Prozent) ihr Hauptkonto bei einer Filialbank unterhält, ist ein Loyalitätsverlust mit anschließendem Wechsel hin zu Direktbanken nachweisbar, wie eine aktuelle YouGov-Umfrage bestätigt. So hat sich der Anteil derjenigen, die ihre Hauptbankverbindung bei einer Direktbank haben, in den letzten zwölf Monaten um drei Prozentpunkte auf 13 Prozent erhöht. Und auch insgesamt ist eine deutlich erhöhte Wechseltätigkeit vorhanden: Innerhalb eines Jahres ist eine Verdopplung eingetreten – zehn Prozent haben das Institut bereits gewechselt.

Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar – ganz im Gegenteil: Acht Prozent der befragten Bankkunden planen, in den nächsten zwölf Monaten ihre Hauptbankverbindung zu wechseln oder ein neues Girokonto zu eröffnen. Weitere 16 Prozent erwägen einen solchen Wechsel. Nach den Gründen befragt, nennt die Hälfte der potenziellen Wechsler die Gebühren. Die Wechseltätigkeit zieht sich durch alle Vermögens- und Einkommensschichten relativ gleichmäßig: Von neun Prozent bei Personen ohne Geldvermögen bis 13 Prozent bei Personen mit einem Vermögen von bis zu 100.000 Euro.

Kunden werden anspruchsvoller

Ein weiteres sehr interessantes Ergebnis dieser Umfrage: Nur ein knappes Drittel derjenigen, die keine Wechselpläne hegen, gibt niedrige Kontoführungsgebühren als Bleibegrund an. Die Einführung oder das Vorhandensein von zu hohen Gebühren ist demnach ein Grund, die Bankverbindung zu wechseln, Kostenfreiheit oder niedrige Gebühren aber kein Garant für Kundenloyalität.

Service und Mehrwerte sind gefragt

Bankkunden erwarten mehr als attraktive Gebühren und die reibungslose Abwicklung ihrer Bankgeschäfte, wie unsere Umfrage unter rund 6.000 Bankkunden aus dem Jahr 2016 im Rahmen des Innovation Reports Banking belegt. Als Hauptwechselgrund werden „Unzufriedenheit mit dem Service“ und „mangelhafte digitale Angebote im Online- und Mobile-Banking“ genannt. So war zum Zeitpunkt dieser Umfrage eine Multibanking-App zur Führung aller Bankkonten über eine einzige App für ein Viertel der Befragten von hoher Wichtigkeit, das Führen eines digitalen Haushaltsbuchs sogar für 42 Prozent.

Schaut man sich im deutschsprachigen Retail Banking um, wird schnell klar, dass die Kundenanforderungen noch deutlich untererfüllt werden. Eine Multibanking-App haben nur sieben von 40 Banken im Angebot und ein Haushaltsbuch gerade einmal 35 Prozent.

Banken, die erkennen, dass Kunden durchaus zahlungsbereit sind, wenn ihnen ein echter Mehrwert geboten oder im Falle von Haushaltsbuch und Multibanking ein echtes Problem gelöst wird, können Gebühren für Basisleistungen getrost links liegen lassen. Sie werden Kunden halten, Neukunden gewinnen und dennoch Erträge generieren.

 

Bildquelle: Shutterstock

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