Filialschließungen und Gebührenerhöhungen – tappen Banken von der Zins- in die Imagefalle?

Die Niedrigzinsen setzen den Banken immer mehr zu. Auf mittlere und längere Sicht müssen entweder neue Ertragsquellen erschlossen oder die Kosten deutlich reduziert werden.

Weil die auskömmlichen Erträge aus dem Zinsdifferenzgeschäft bei andauerndem Niedrigzins der Vergangenheit angehören, ergibt sich ein erheblicher Handlungsbedarf für die Banken.

Um eine angemessene Verzinsung des Eigenkapitals zu erreichen, müssen neue Ertragsquellen erschlossen oder aber die Kosten spürbar reduziert werden. Schon in der Vergangenheit war die IT die Schlüsseltechnologie im Finanzsektor, um diese Ziele zu erreichen. Was kann sie heute beitragen?

Blogserie: Zwischen rückläufigen Erträgen und technologischen Revolutionen – Optionen für Banken in der Nullzinsära

Kostensenker Automatisierung

Blicken wir zunächst auf die Kostenseite. Dort ist die IT – um einige Beispiele zu nennen – mit der Automatisierung der Transaktionen hauptverantwortlich für die Senkung von Stückkosen im Zahlungsverkehr, bei der Wertpapierabwicklung und der Konto- bzw. Depotführung. Aber auch die Optimierung der Geschäftsprozesse bei der Kreditvergabe hat zur Kostenreduktion beigetragen. Mit all dem konnte der kontinuierliche Rückgang der Zinsspanne seit Mitte der Neunzigerjahre ausgeglichen werden.

Die Rationalisierung im Backoffice der Banken stößt nun aber an Grenzen: die großen Einsparpotenziale sind realisiert, die Transaktionen automatisiert. Die Verwaltung von Verträgen und Depots scheint hier noch Spielraum zu bieten. Sogenannte Smart Contracts, Verträge, die selbst auf ihre Erfüllung achten, elektrisieren als Zauberwort die Bankenwelt. Wieder ist die IT die Schlüsseltechnologie, allerdings sind die Perspektiven noch vage und die Menge der vorher noch zu lösenden Probleme ist beachtlich. Aber dazu mehr in einem meiner nachfolgenden Beiträge.

Bye, bye Filiale

Wenn heute Kosten in nennenswertem Umfang reduziert werden sollen, findet dies vor allem im Frontoffice der Banken statt. Die Voraussetzung ist jedoch in vielen Fällen eine Reduzierung der Standorte, mit anderen Worten: die Schließung von Filialen. Ein Prozess, der bereits seit vielen Jahren vonstatten geht. Die Statistik der Bundesbank weist für die vergangenen 20 Jahre einen Rückgang von knapp 68.000 auf unter 35.000 Bankfilialen aus – also nahezu eine Halbierung. Im Mittelpunkt steht dabei nicht die Einsparung von Sach-, sondern von Personalkosten. Diese Entwicklung wird sich sicher noch weiter fortsetzen. Die IT war und ist dabei der unmittelbare Wegbereiter. Die umfassende Leistungspalette, die das Online-Banking heute bietet, ermöglicht die Ausdünnung des Filialnetzes ohne große Erosion bei den Kunden. Wer nur zu besonderen Anlässen die Filiale seiner Bank aufsucht, nimmt leichter in Kauf, dafür einen etwas weiteren Weg zurücklegen zu müssen. Die Versorgung mit Bargeld sowie Einzahlungen können über Automaten erfolgen. Aber Fakt ist: Im Unterschied zur Automatisierung der Abläufe im Backoffice geht die Senkung der Kosten hier mit einer Reduzierung des Leistungsangebots einher.

Leidtragende dieser Entwicklung sind vor allem ältere Menschen, die kein Online-Banking machen und darüber hinaus oft weniger mobil sind. Dies ist vor allem auf dem Land ein Hindernis. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass gerade die Sparkassen und Genossenschaftsbanken diesem Trend hinterher hinken. Gemeinsam betreiben sie heute etwas 75 Prozent aller Bankfilialen. Die besondere Eigentümerstruktur dieser Institute, also die Menschen in den betroffenen Kommunen als Genossen auf der einen Seite und die Gebietskörperschaften auf der anderen, bremst die notwendige Entwicklung in beiden Institutsgruppen.

Gebühren als Imagekiller?

Die Sparkassen nehmen derzeit eine prominente Rolle in den Medien ein, wenn es um die Einführung neuer Gebühren für das Girokonto geht. Focus Online titelt am 2. Juni: Hohe Gebühren statt Zinsen – Banken immer frecher. Dabei werden zuvorderst die Kunden der Sparkassen als Betroffene ausgemacht. Was man an dieser Schlagzeile vor allem ablesen kann, ist das Imageproblem, das nicht nur die Sparkassen, sondern die Banken im Allgemeinen haben. In meinem letzten Blogbeitrag Ende April verwies ich bereits auf die naheliegende kurzfristige Reaktion vieler Banken, die Ertragsprobleme durch die Bepreisung bisher kostenloser Leistungen zu mildern versuchen. Ich bezeichnete dies als vulgäre Strategie, weil zu erwarten ist, dass die Konsequenz daraus eine extrem negative Berichterstattung sein wird.

Innovationen anstatt Gebühren

Die Ausdünnung des Filialnetzes und Gebühren für bisher kostenfreie (für die Banken selbst aber keineswegs kostenlose!) Leistungen ergeben zusammen kein Erscheinungsbild, das den Banken Sympathien bei den Menschen und in der Folge vielleicht neue Kunden verschafft. Vielmehr ist dies geeignet, den Eindruck zu verfestigen, den vor über 20 Jahren bereits Microsoft-Gründer Bill Gates öffentlich äußerte: “Banking is necessary, Banks are not!”

Wollen die Banken diesem Bild entgegenwirken, bedarf es neuer Produkte und Dienstleistungen ebenso wie der Senkung von Kosten ohne gleichzeitige Beschränkung der wahrgenommenen Dienstleistung. Die IT steht dafür weiterhin als Innovationsmotor zur Verfügung. Banken und FinTechs suchen in diesem Kontext nach Lösungsansätzen. Im Zentrum der aktuellen Diskussion um die weitere Digitalisierung des Bankgeschäftes steht heute die Blockchain – nicht nur von diversen Kongress-Veranstaltern zum Technologie-Trend des Jahres gehypt. In meinem nächsten Beitrag werde ich mich mit diesem Thema ausführlicher auseinandersetzen.

 

Bildquelle: Shutterstock

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