Wandel durch Annäherung? Das Erfolgsrezept der solarisBank

Im März ist die solarisBank an den Start gegangen – in Rekordzeit. Ein Zeichen dafür, dass die BaFin sich gegenüber der FinTech-Szene öffnet?

Ist es in Deutschland möglich, in neun Monaten eine Banklizenz zu erhalten und gleichzeitig den Geschäftsbetrieb aufzunehmen? Um es vorwegzunehmen: Ja, das ist es. Als Nächstes werden Sie sich fragen, wie dies in einem Land möglich sein kann, in dem wir regelmäßig über die Last der behördlichen Regulation stöhnen. So steht die BaFin immer wieder in der Kritik – man wirft ihr wenig unternehmerfreundliches Verhalten gegenüber Gründern vor, gerade gegenüber jenen aus der aufstrebenden FinTech-Szene.

Und tatsächlich sind neue Banken ein eher seltenes Phänomen: Lizenzen wurden in den letzten Jahren nur wenige vergeben. Während die BaFin mit der Aufgabe argumentiert, ein funktionierendes Finanzsystem zu gewährleisten, beklagt die Gegenseite zu hohe bürokratische Hürden für Jungunternehmer, um Teil dieses Systems zu werden.

Im Folgenden möchte ich auf die wesentlichen Faktoren eingehen, die im Fall der solarisBank AG zu einer schnellen Aufnahme des Geschäftsbetriebs geführt haben:

1. Klares Geschäftsmodell

Die solarisBank ist als reine B2B-Geschäftsbank angelegt. Das bedeutet, dass sie keine eigenen Endkunden akquiriert, sondern diese ausschließlich über Partner gewonnen werden. Ein Beispiel ist das letzte Woche gelaunchte solarisBank Festgeld über Savedo. Damit ist die Transaktionsbank ein natürlicher Partner von Internetmarktplätzen und Vergleichsportalen für Bankprodukte, FinTech-Start-ups und Banken, die Geschäftsbereiche outsourcen wollen. Aktionsbereiche sind z.B. die Zahlungsabwicklung, die Herausgabe von E-Geld oder Finanzierungen. Durch die konsequente Technologieorientierung und ein Straight Through Processing kann die solarisBank im Vergleich zu etablierten Banken kostengünstiger produzieren und die Leistungen betriebswirtschaftlich attraktiver am Markt anbieten. Damit konnte sie das von der BaFin geforderte „dauerhaft tragfähige Geschäftsmodell“ nachweisen.

2. Ein Team mit Kontakten und Know-how

Die solarisBank ist aus dem FinTech Company Builder Finleap heraus entstanden. Selbst erst 2014 gegründet, hat er mittlerweile schon mehrere FinTechs auf die Beine gestellt – darunter z.B. FinReach, Billfront, Savedo und Valendo. Trotz des kurzen Bestehens ist Finleap in der Finanz- und Investorenszene sehr gut vernetzt und konnte damit für die notwendige Eigenkapitalausstattung der Bank sorgen.

Darüber hinaus konnten mit Marko Wenthin und Andreas Bittner Vorstände gewonnen werden, die über umfangreiche Erfahrungen im Bankenumfeld verfügen – sowohl als Gründer als auch als Geschäftsführer. Wenn erfahrene Experten ein durchdachtes Modell und einen tragbaren Businessplan vorlegen und zusätzlich die formalen Anforderungen erfüllen, ist der Ausgangspunkt schon einmal ein guter. Denn nur wer eine umfassende Bankerfahrung hat, wird von der BaFin als Geschäftsleiter oder Vorstand einer Bank akzeptiert und darf eine Bank führen.

3. Die Gunst der regulatorischen Stunde

Anders als z.B. die britischen Kollegen hat sich die BaFin für das Motto „Same business, same rules“ entschieden und schließt es aus, FinTechs eine Sandbox anzubieten, in der sie ihre Ideen testen und ihr Geschäftsmodell mit geringeren regulatorischen Auflagen ausprobieren können. Damit obliegt es den mit FinTechs kooperierenden Banken, diese Sandboxfunktion zu übernehmen. Anders gesagt: Dort wo die britische Aufsicht in den aktiven Dialog und proaktiven Austausch geht, sourct die BaFin die Verantwortung an die Banken aus. Damit darf angenommen werden, dass man seitens der Aufsichtsbehörden nicht unglücklich darüber ist, dass mit der solarisBank eine Bank aus der FinTech-Community heraus entstanden ist, die diese Funktion – neben anderen – einnimmt.

4. Das Kernbankensystem

Fehlt noch der letzte Baustein: das IT-System. Die solarisBank begann im Juni 2015 mit der Auswahl und entschied sich Ende Juli für das Kernbankensystem von PASS. Der Go-Live erfolgte im Februar 2016 und damit einen Monat vor der Erteilung der Banklizenz. Ein Kernbankensystem für eine FinTech-Bank muss neben der rein bankfachlichen Prozessunterstützung (Kontoführung, Darlehen, Finanzbuchhaltung, Fest- und Termingelder, Meldewesen, Zahlungsverkehr, Geldwäscheprüfung und -prävention sowie Wertpapierabwicklung) vor allem drei Anforderungen meistern:

  • Flexibilität
  • Offenheit
  • Skalierbarkeit

Alle funktionalen Bausteine müssen flexibel miteinander kombinierbar und erweiterbar sein. Denn anders als bei einer herkömmlichen Bankgründung verändern sich die Anforderungen permanent. Die solarisBank weiß heute noch nicht, welcher Kooperationspartner morgen mit welchem Geschäftsmodell um die Ecke kommt. Im nächsten Schritt steht dann die Offenheit des Systems im Fokus: Ein neuer Partner muss schnell und unkompliziert über offene Schnittstellen bzw. eine API angebunden werden können. Auch wenn wir in diesem Segment von der Zusammenarbeit mit Start-ups sprechen – und damit nicht klar ist, ob das Geschäftsmodell am Markt bestehen wird –, muss die Skalierbarkeit gegeben sein: Die Prozesse müssen von Anfang an hochautomatisiert eingerichtet sein, damit sowohl kleine als auch große Stückzahlen sicher und effizient verarbeitet und verwaltet werden können.

Das Gesamtpaket muss stimmen

Eine Vollbanklizenz zu erhalten, ist nach wie vor mit einigen Hürden verbunden – und das auch zu Recht. Allerdings zeigt das Beispiel der solarisBank, dass sich dieser Prozess nicht zwangsläufig über ein bis zwei Jahre erstreckt. Das liegt auch daran, dass die BaFin sich zunehmend einem Dialog öffnet. Gerade erst fand mit der BaFin-Tech eine Konferenz für und rund um FinTechs statt. Wie nachhaltig diese Annäherung ist, bleibt abzuwarten. Reibungspunkte gibt es immer noch genug. Das zeigen die jüngsten Kontroversen über verschärfte Regeln für die Video-Identifikation deutlich. Optimierungspotenzial besteht auch beim Thema Transparenz: So sind z.B. die Kriterien für die Erteilung einer Vollbanklizenz transparent – nicht aber die Anforderungen in Bezug auf die Güte der einzureichenden Dokumente. Hier würden mehr Informationen den Aufwand auf allen Seiten senken.

Aber es hängt eben nicht nur von der BaFin ab, wie schnell ein Start-up als Bank durchstarten kann. Es ist vielmehr ein Mix aus mehreren Komponenten: Neben der Erfüllung regulatorischer Vorgaben sind hier ein tragfähiges Geschäftsmodell, die richtige Teambasis und die IT-technische Ausstattung zu nennen.

 

Bildquelle: Shutterstock

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